Workshop "Zwischenraum: Psychoanalyse und Mystik bei Michel de Certeau", 11.11.2017

Am 11.11. 2017 veranstaltete die Forschungsplattform RaT in Kooperation mit Martin Eleven einen  Workshop unter dem Titel „Zwischenraum: Psychoanalyse und Mystik bei Michel de Certeau“. Die Veranstaltung widmete sich mit Michel de Certeau einem Autor, der im deutschen Sprachraum bisher nicht im gleichen Maß wie andere Denker des Poststrukturalismus zur Kenntnis genommen wurde. Zugleich wurde der dringliche Versuch unternommen, über eine rein kulturwissenschaftliche Rezeption Certeaus, die theologische Gehalte seines Werkes gänzlich ausklammert, hinauszugehen und durch philosophisch-theologische Beiträge zu erweitern. Im Zentrum standen hierbei Psychoanalyse und Mystik, deren Verwandtschaft Certeau nicht zuletzt in seiner Mystischen Fabel reflektiert hat. Psychoanalyse und Mystik wurden dabei als Orte betrachtet, an denen sich unsere Allmachtsphantasien brechen, an denen die Frage nach dem Anderen offen gehalten und das „Ich“ als Zerrbild des Menschen entlarvt werden.

Der Workshop wurde durch einen Beitrag von Georg Gröller (Wiener Arbeitskreis für Psychoanalyse; Forschungsgruppe stuzzicadenti; Neue Wiener Gruppe (Lacan Schule)) eröffnet, der mit Lacan – und besonders Lacans späten Überlegungen zur Mystik – diejenige psychoanalytische Theorie grundlegte, die als Basis von Certeaus Grenzgängen zwischen Psychoanalyse und Mystik gelten kann.

Im Anschluss daran präsentierten Jungwissenschaftlerinnen und Jungwissenschaftler Beiträge zu unterschiedlichen Aspekten von Certeaus Werk. Diese konzentrierten sich auf philosophische, theologische und politische Anknüpfungspunkte seines Denkens. Die Bandbreite der philosophischen Bezüge wurde dabei von den umfassenden Referenzen in Certeaus Denken selbst bestimmt und erstreckte sich von Certeaus Cusanus-Interpretation (Julius Günther) bis zu Überschneidungen mit Certeaus Zeitgenossen Derrida (Daniel Kuran). Die Relevanz Certeaus für den aktuellen theologischen Diskurs wurde nicht zuletzt durch Überlegungen Isabella Bruckners zum „Leib als Ort der Anrufung“ behandelt. Insgesamt wurden nicht nur Folgen von Certeau für jüdische und christliche theologische Kategorien, sondern durch einen Beitrag über Certeau und Ibn Arabi (Marlene Deibl) auch Querverweise zum Islam erforscht. Die politischen Potentiale der Mystik in einer Lacanschen Lesart wurden darüber hinaus durch Natalie Eders Fortführung Certeaus im Gespräch mit Agamben und Roudinesco vorgestellt.

Die präsentierten Arbeiten entstanden aus einer kontinuierlichen Beschäftigung mit der Thematik Psychoanalyse und Mystik im Rahmen eines mehrjährigen von Martin Eleven geleiteten Lesekreis am Fachbereich Theologische Grundlagenforschung der Universität Wien. Der Workshop wurde von Martin Eleven moderiert und organisiert.

Alle Bilder wurden von Silke Lapina bereit gestellt: Silke Lapina ist Dokumentar- und Portraitfotografin. Für das Studium der Kultur- und Sozialanthropologie zog die gebürtige Pinnebergerin 2014 nach Wien. Sie arbeitet an der Schnittstelle zu Kulturtheorie und Ästhetik.

http://www.silkelapina.com/